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Klopphengst: Wenn der Wallach doch kein Wallach ist

Klopphengst: Wenn der Wallach doch kein Wallach ist

In früheren Zeiten bezeichnete man als Klopphengst die Hengste, die man durch Beklopfen der Hoden/ Samenstränge zeugungsunfähig machte. Es handelte sich bei dieser (für uns heutige Pferdeleute ziemlich brutalen) Methode also nicht um eine eigentliche Kastration mittels Operation. Die Hengste verloren dadurch aber nicht immer vollständig alle Geschlechtstriebe, wie wir es von unseren heutigen Wallachen kennen. Deswegen benutzte und benutzt man die Bezeichnung Klopphengst auch für alle anderen Hengste, die aus verschiedenen Gründen nicht richtig kastriert sind. Was genau Klopphengste heutzutage sind, ob man sie trotzdem kastrieren kann und welche Probleme dabei auftreten können, erfahren Sie im folgenden Artikel.

Wie definiert man einen Klopphengst?

Obwohl man die altertümliche Methode des „Beklopfens“ heute zur Kastration (zum Glück) nicht mehr verwendet, hat sich der Name Klopphengst weiterhin gehalten. Damit oder auch mit dem Begriff Spitzhengst bezeichnet man heute Hengste, deren Hoden nicht im Hodensack, sondern im Leistenkanal oder in der Bauchhöhle liegen. Fachsprachlich nennt man das eine Hodendystopie oder Lageanomalie des Hodens. Der bekannteste medizinische Begriff für diese Fehlbildung ist aber Kryptorchismus. Er kann bei vielen verschiedenen Säugetierarten vorkommen, unter anderem bei Hunden, Katzen und auch beim Menschen. Die Ursache ist ein gestörter Hodenabstieg. Der Hoden ist embyronal nämlich hinter der Niere angelegt und „wandert“ kurz nach der Geburt des Hengstfohlens in seine normale Lage im Hodensack. Diese Wanderung kann aber durch verschiedene Prozesse oder Fehlentwicklungen gestört werden. Es kann beide oder nur einen Hoden betreffen.

Die Eigenschaft des Kryptorchismus ist vererbbar. Ein Hengst mit dieser Problematik wird also automatisch von der Zucht und der Körung ausgeschlossen.

Kann man einen Klopphengst noch kastrieren lassen?

Der oder die Hoden beim Klopphengst sind nur durch das Aufschneiden der Bauchhöhle erreichbar. Oft kastriert man einen Hengst unter starker Sedierung und lokaler Betäubung im Stand, um das Risiko einer Vollnarkose zu umgehen. Aber auch die Kastration im Liegen unter Vollnarkose ist möglich. Bei einem Klopphengst muss sie aber immer im Liegen erfolgen. Denn das Aufschneiden der Bauchhöhle und dortige Entfernen der Hoden ist viel komplizierter und auch gar nicht im Stand möglich. Schon die normale Kastration birgt einige Risiken, die sich bei der Kastration eines Klopp- bzw. Spitzhengstes noch verstärken. Denn hier hat man immer schon das Risiko der Vollnarkose. Daher sollte man die Kastration so schnell wie möglich vornehmen, wenn der Hengst noch jung und gesund ist. Je älter er wird, desto riskanter wird die OP.

Es kann zu Komplikationen wie Wundinfektionen und Nachblutungen kommen. Im schlimmsten Fall kann ein Darmvorfall eintreten. Das bedeutet, dass der Darm aus der Kastrationswunde „bricht“ und aus dem Körper austritt. Ein solches Risiko besteht immer, wenn das Pferd (wie also bei der Kastration beim Klopphengst) in der Bauchregion operiert wird.

Es ist auf jeden Fall sinnvoll, sich mit seinem Tierarzt über die Vor- und Nachteile und natürlich die Risiken dieser Operation abzusprechen. Bei manchen Hengsten liegen die Hoden durch den Kryptorchismus sogar so, dass sie gar nicht wirklich zu erreichen sind. Dann ist eine Operation quasi unmöglich. Daher ist es besonders wichtig, vor einer Operation eine genaue Diagnostik durchzuführen, um die Hoden auch wirklich im Bauchraum oder dem Leistenkanal lokalisieren zu können. Findet der Tierarzt die Hoden bei der Operation nämlich gar nicht, war schließlich das Risiko der Operation ganz umsonst.

Wie verhält sich ein unkastrierter Klopphengst?

Wenn die Hoden Ihres Klopphengstes nicht auffindbar sind, können Sie sich dennoch für eine riskante Operation, bei der der Chirurg die Hoden zu lokalisieren und dann zu entfernen versucht, entscheiden. Das sollte man vor allem in Erwägung ziehen, wenn das Tier auch Hengstverhalten zeigt.

Es ist nämlich oft so, dass Klopphengste sich ohnehin wie Wallache verhalten. Denn wenn die Hoden zu weit oben im Bauchraum liegen, produzieren sie oftmals gar nicht die notwendigen Hormone, die den Geschlechtstrieb steuern. Dann ist eine Kastration vom Verhalten her nicht unbedingt notwendig, da der Hengst weder Stuten decken kann noch das typisch „aggressive“ Hengstverhalten entwickelt.

Bei manchen Klopphengsten kommt es aber trotz der Lageanomalie zur Hormonproduktion. Das ist dann der Fall, wenn die Hoden relativ nah am Hodensack liegen. Dann ist das Tier auch zeugungsfähig und sollte nicht mit Stuten zusammenstehen, um einen ungewollten Deckakt zu vermeiden. Den Hormonspiegel kann man durch einen Bluttest (und neuerdings auch durch einen Urintest) ermitteln. Einen solchen Klopphengst sollte man in der Regel operieren lassen, um den „Hengstproblemen“ aus dem Weg zu gehen.

Kann es gesundheitliche Folgen geben?

Leider kann es beim unkastrierten Klopphengst häufiger zu Hodentumoren kommen als bei normalen Hengsten. Denn in der Bauchhöhle sind die Hoden „zu warm“ gelagert. Deswegen können sie einerseits kein Sperma produzieren. Andererseits entarten sie dadurch aber auch schneller. Eine Kastration ist also aus diesem Grund meist sinnvoll, selbst wenn sich das Tier im Verhalten wie ein Wallach benimmt und keine Probleme verursacht. Ein Klopphengst ist also eine „tickende Zeitbombe“, was Hodenkrebs bzw. Tumore und Zysten angeht. Ist die Entfernung der Hoden möglich, sollte man sie also auch unbedingt vornehmen lassen, selbst wenn das OP-Risiko recht hoch ist. Dazu kommt, dass man den Krebs aufgrund der Lage der Hoden erst bemerkt, wenn es zu spät ist. Beim normalen Hengst kann man ja von außen sehen, wenn sich die Hoden anormal verändern und entsprechend reagieren – beim Klopphengst fällt das aber nicht auf.

Was kostet die Kastration beim Klopphengst?

Bei der Operation können Sie mit mindestens 1.500€ rechnen. Denn weil der Tierarzt die Bauchhöhle aufschneiden muss, erfolgt die OP unter Vollnarkose und im Liegen. Dieser größere Aufwand wird schon mal deutlich teurer abgerechnet als eine OP im Stand. Dazu können noch Kosten für den Aufenthalt in der Tierklinik, abgegebende Medikamente, Verbandsmaterial usw. kommen. Gibt es Komplikationen bei der OP (etwa weil der/ die Hoden nicht auffindbar sind), können sich die Kosten noch vervielfachen. Bis zu 12.000€ kann eine komplizierte Operation im schlimmsten Fall verschlingen!

Daher sollten Sie sich mit einer passenden Pferdeversicherung vor solchen Kosten schützen.  Vor den Kosten einer Operation sichert Sie schon ausreichend die Pferde-OP Versicherung ab. Sie können aber sicherheitshalber auch die Pferdekrankenversicherung abschließen. Diese übernimmt OPs, ambulante Behandlungen und regelmäßige Kontrollen, beispielsweise bei chronischen Erkrankungen oder der Zahnkontrolle. Wichtig: In beiden Versicherungen sind auch spezielle Diagnose-Methoden (Röntgen, MRT, CT, Ultraschall) versichert! Gerade der Ultraschall findet beim Klopphengst oft Anwendung, um die versteckt liegenden Hoden aufzufinden.

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