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Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd: neurologische Ausfälle

Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd: neurologische Ausfälle

Die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd ist unter Reitern eher unbekannt. Es handelt sich dabei um eine neurologische Erkrankung, die auch bei Hunden auftreten kann. Die Krankheit ist genetisch bedingt, was bedeutet, dass sie vererbbar ist. Deswegen ist sie vor allem ein Thema unter Züchtern und nicht unbedingt bei „normalen“ Besitzern von Reitpferden. Für angehende Züchter, aber auch für Hobbyzüchter ist es daher sinnvoll, sich über diese Erkrankung ausreichend zu informieren. Und natürlich schadet es auch anderen Pferdebesitzern nicht, mehr über die Krankheit zu erfahren. Deswegen haben wir Ihnen im folgenden Artikel die wichtigsten Informationen zum Thema Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd zusammengestellt.

Was genau ist die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd?

Die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd heißt abgekürzt auch CA (vom englischen Cerebellar Abiotrophy) oder CCA (Zerebelläre Kortikale Abiotrophie). Kleinhirnatrophie ist ein weiterer Name der Erkrankung. Die verschiedenen Bezeichnungen kommen dadurch zustande, dass das Kleinhirn (das Cerebellum) betroffen ist. Bei der genetisch bedingten und somit vererbbaren Krankheit sterben nämlich die Purkinjezellen im Cerebellum ab. Das sind bestimmte multipolare Nervenzellen, die vor allem in der Hirnrinde des Kleinhirns vorkommen. Diese Hirnrinde nennt man auch Cortex, weshalb eben auch der Name Zerebelläre Kortikale Abiotrophie geläufig ist. Sie alle meinen aber immer dieselbe Erkrankung.

Die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd zeigt sich vor allem bei jungen Pferden. Diese haben dann Gleichgewichtsstörungen und/ oder Ausfälle der Motorik, ähnlich wie bei einer Ataxie.

Vor allem Araber und deren Kreuzungen sind bei den verschiedenen Pferderassen am häufigsten betroffen. Aber auch Miniatur-Pferde und Gotland-Ponys neigen zur Erkrankung Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd. Man vermutet zudem, dass auch der Oldenburger häufiger als andere Rassen betroffen ist.

Die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd entsteht, wenn die genannten Purkinjezellen durch einen vom Gehirn „programmierten“ Zelltod absterben. Diesen Prozess nennt man Apoptose und er ist an sich bei vielen Lebewesen etwas ganz Natürliches. Er kommt beispielsweise bei der Verjüngung von Gewebe zum Einsatz oder um entartete Zellen (z.B. bei Krebs) zu eliminieren. Die Apoptose bei dieser Krankheitsform ist jedoch nicht gewollt, sondern durch einen Gendefekt entstanden. Weil das Kleinhirn vor allem die Bewegung steuert, kommt es bei einem solchen Zelltod also zu entsprechenden Störungen.

Übrigens: Bei Hunden sind vor allem Gordon Setter, Berner Sennenhunde, Rauhhaarcollies, Brittany Spaniel und Kerry Blue Terrier betroffen. Außerdem hat man die Erkrankung bei Siamkatzen beobachtet.

Welche Symptome hat die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd?

Die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd löst meist bereits in den ersten 90 Tagen nach der Geburt das Absterben der Purkinjezellen aus. Daher erkennt man die Erkrankung meist schon bei Fohlen, die jünger als sechs Monate sind. Manchmal verläuft die Krankheit aber sehr mild und die Zellen sterben nur langsam ab. Dann kann es sein, dass man sie erst bemerkt, wenn das Pferd zwei oder drei Jahre alt ist. Gerade in dem Alter, wenn das Pferd dann angeritten werden soll, zeigen sich dann schnell entsprechende Probleme der Motorik. Welche Symptome man bei erkrankten Fohlen (und auch älteren Pferden) häufig sehen kann, haben wir Ihnen hier aufgelistet:

  • Hyperaktivität
  • mangelnder Drohreflex (Überprüfung der Reflexe des Tieres: Man macht eine schnelle Bewegung auf sie zu, wobei sie meist mit einem Blinzeln oder stärkeren Abwehrmaßnahmen reagieren; die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd verlangsamt diese Reaktion oder unterdrückt sie völlig)
  • die Nickhaut zwinkert gar nicht oder nur verspätet
  • Zittern des Kopfes
  • im Stand: weit gespreizte Vorderbeine, Stehen auf „abgeknickten“ Hufen, überkreuzte Beine
  • Ataxie und/ oder Gleichgewichtsstörungen
  • steife Gangarten
  • Schwierigkeiten/ Unfähigkeit, Raum und Entfernung abzuschätzen
  • Ruckartiges Wackeln mit dem Kopf bei Bewegung (bei Fohlen oft auch beim Versuch zu saugen)

Häufig kommen noch Probleme beim Aufstehen oder Rückwärtsrichten dazu. Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd führt zudem oft zu Unfällen, weil die Pferde in engeren Wendungen mit den Hinterbeinen wegrutschen.

Das erkrankte Tier hat jedoch einen normalen Appetit, kann bis auf die Abschätzung von Entferungen normal sehen und hat auch keine verminderte oder eingeschränkte Intelligenz. Weil sie sich nicht koordinieren können, wirken erkrankte Pferde jedoch häufig „dumm“ oder unbeholfen und ungeschickt.

Übrigens: Bei Hunden äußert sich die Erkrankung erst im Laufe der Jahre, sie sind nach der Geburt komplett unauffällig und normal.

Wie vererbt sich die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd?

Die Erkrankung hat eine Besonderheit: Obwohl die Mutation der Gene, die zu der Krankheit führt, bisher unbekannt ist, hat man herausgefunden, dass ein Pferd zwei CA-Gene „braucht“, um krank zu sein. Ein Pferd, was nur von einer Seite der Eltern das CA-Gen vererbt bekommt, ist klinisch unauffällig und gesund. Das heißt, nur wenn beide Eltern den CA-Defekt haben, erkrankt das Fohlen (in 50% der Fälle). Weil aber ein Pferd mit nur einem CA-Gen völlig gesund ist, kann es sein, dass man aus Versehen zwei Träger des Gens miteinander verpaart. Dann erkrankt das Fohlen, weil es von beiden Seiten das CA-Gen vererbt bekommt.

Um dies zu vermeiden, wurde ein Test entwickelt ( mittels Blutprobe oder Haarwurzelprobe). Damit kann man herausfinden, ob die Zuchtstute oder der -hengst Träger ist (oder sogar beide). Die Ergebnisse können sein:

  • N/N (das Pferd ist frei vom Gendefekt und kann ihn so auch nicht vererben),
  • N/ CA (das Pferd ist ein Träger des Gens, aber gesund; es wird das Gen aber mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit an seine Nachkommen weitergeben)
  • CA/ CA (das Pferd ist an Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd erkrankt)

Der Test ist jedoch noch recht neu (erst seit 2011), weshalb natürlich früher häufiger Fohlen mit diesem Defekt zur Welt kamen. Er kostet ca. um die 50€ und wird von vielen Tierkliniken angeboten.

Wie behandelt man die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd?

Leider ist die Erkrankung nicht heilbar. Aufgrund der Symptome kann der Tierarzt bei einer Untersuchung meist schon feststellen, dass eine neurologische Störung vorliegen muss. Unterschiedliche Schweregrade, vor allem bei Pferden, die erst mit zwei oder drei Jahren auffällig werden, erschweren aber die Diagnose. Mit dem oben genannten Test kann der Tierarzt bei einem Verdacht jedoch sehr schnell herausfinden, ob es sich um die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd oder doch eine andere Krankheit handelt.

Erkrankte Tiere werden leider selten alt. Denn auch wenn es ihnen an sich gut geht, werden ihre Bewegungen immer unkoordinierter. Deswegen stürzen sie immer häufiger und verletzen sich selbst. Ans Reiten oder Fahren ist mit solchen Pferden ohnehin nicht zu denken. Allerdings können sie auch im normalen Umgang mit dem Menschen zur Gefahr werden, wenn sie etwa beim Hufe auskratzen das Gleichgewicht verlieren und stürzen. Da sie also sowohl für sich selbst als auch für die beteiligten Personen ein großes Risiko darstellen, muss man sie früher oder später leider einschläfern lassen. Es spricht jedoch meist nichts dagegen, dem Tier so lange wie möglich ein schönes Leben zu ermöglichen.

Übrigens: Der Verband der Züchter für Deutsche Reitponys hat beschlossen, dass alle Deutschen Reitpony-Zuchthengste ab Januar 2019 auf Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd getestet sein müssen, um in der Zucht eingesetzt werden zu dürfen.

Was kostet die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd in der Behandlung?

Da die Zerebelläre Abiotrophie beim Pferd nicht behandelbar ist, kommen eigentlich nur die Kosten für den Test und die allgemeine Untersuchung durch den Tierarzt auf Sie zu. Je nachdem, wie lange das Pferd dann noch lebt, braucht es aufgrund seiner Verletzungen aber eventuell häufiger tierärztliche Hilfe. Auch das Einschläfern am Ende muss leider bezahlt werden. Daher kann die Erkrankung insgesamt einige Hundert Euro kosten.

Vor diesen Kosten können Sie sich mit einer Pferdekrankenversicherung schützen. Diese übernimmt nämlich bei chronischen Erkrankungen, weiteren ambulanten Behandlungen, anderen Krankheiten und auch allen Operationen sämtliche Kosten. Dafür muss die Pferdeversicherung jedoch schon abgeschlossen sein, bevor der Tierarzt die Erkrankung diagnostiziert. Das ist leider bei Fohlen nicht immer möglich, da man ein Fohlen unter drei Monaten noch nicht versichern lassen kann. Ein möglichst früher Abschluss der Versicherung ist dennoch sinnvoll. Denn zeigt sich das Krankheitsbild erst im Alter von zwei bis drei Jahren, kommt die Versicherung für die Kosten auf. Weitere Informationen dazu erhalten Sie, wenn Sie dem Link im Text folgen.

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